Springe zum Inhalt

Interview Ruediger Dahlke:

„Mit TamanGa habe ich mir einen Traum erfüllt“

In der im Süden Österreichs gelegenen Steiermark haben sich Ruediger Dahlke und seine Lebensgefährtin Rita Fasel einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Sie bauten ein altes Weingut, das bereits mit Biolandbau bewirtschaftet wurde, in ein Seminar- und Wohnprojekt nach ökologischen, energetischen und spirituellen Kriterien um. Seit rund fünf Jahren bietet TamanGa nicht nur zwischen zehn- und zwanzig konstant dort lebenden und arbeitenden Menschen ein Zuhause, sondern auch Besuchern, die für eine Weile bleiben wollen. Culture & Spirit Herausgeberin Claudia Hötzendorfer sprach mit Ruediger Dahlke über das Leben eines Traums, das nicht immer reibungslos abläuft.

Wie lange haben Sie nach dem geeigneten Grundstück gesucht?

„Eigentlich haben wir gar nicht gesucht. Vor rund sechs Jahren ist uns dieses wunderschöne Grundstück im Süden Österreichs angeboten worden. Damals wollte ich nicht. Zwei Jahre später waren wir dann in einer Lebenssituation, in der wir tatsächlich etwas Neues gesucht haben. Da habe ich mich an das Angebot erinnert. Die Vorbesitzer wollten uns auch gern als Nachfolger und so hat es sich dann ergeben.“

 

Die vorherigen Besitzer waren auch spirituell orientiert?

„Das Schöne ist, dass schon seit über 30 Jahren Bioanbau betrieben wird. Das Grundstück liegt in einem Talkessel umgeben von zwei Wäldchen. Was uns auch gegen die Außenwelt ein wenig abschirmt. Die vorherigen Bewohner haben Zen und makrobiotisch gelebt. Damit waren sie schon auf einem vergleichbaren Weg wie wir.“

Was macht diesen Ort für Sie so reizvoll, abgesehen davon, dass schon eine gewisse Basis durch den Bioanbau da war?

„Ich hatte schon lange diesen Traum, einen idealen Ort zu schaffen, an dem man Seminare geben könnte. Der Ort hat mir die Basis dafür geliefert. Da war einfach schon so viel stimmig. Beispielsweise war bereits ein Saal vorhanden, so wie ich ihn mir immer schon vorgestellt habe. Zwar haben wir später festgestellt, dass wir ihn praktisch neu bauen müssen, wenn er auch von Form und Lage her ideal war. Dann haben wir sehr viel Platz hier, wo wir uns wirklich einmal entfalten können und wir haben ein angenehmes mediterranes Klima. Was sich auch positiv auf unseren großen Garten auswirkt, in dem wir alles was wir für eine vollwertige Ernährung brauchen, selbst anbauen.

Das war für uns ein wesentlicher Punkt, ebenso wie ökologische Träume verwirklichen zu können. Wir haben eine Hackschnitzelheizung, Photovoltaik und Solar. Ich konnte hier auch meine energetischen Ideen umsetzen. Beispielsweise haben wir die Geomantie mit einbezogen, sodass unsere neuen Häuser auf keinerlei Störzonen gebaut wurden. Die Gebäude, die bereits standen, haben wir entsprechend umgerüstet. So wurde beispielsweise jedes Fußbodenbrett speziell behandelt und mit einem Chip versehen. Das Wasser haben wir auf einen optimalen Stand gebracht. Es ist nicht nur basisch, sondern wird auch in Schwingungen versetzt, um die Heilkraft zu aktivieren. Eins meiner Hauptanliegen ist ja das Fasten. Wenn Sie dafür schlechtes Wasser haben, ist das Ergebnis nicht optimal.“

 

Sie sagten, Sie hätten auf TamanGa Ihren Traum verwirklicht. War das Grundkonzept für Sie von Anfang an klar oder war es eher ein Prozess, während Sie daran gearbeitet haben, Ihre Vorstellungen umzusetzen?

„Ich hatte eigentlich immer den Traum eine Energie Autarkie herzustellen. Ich habe vor 15 oder 16 Jahren schon einmal in Niederbayern ein Haus gebaut, das mehr Energie produziert hat, als es verbrauchte. Ich wollte immer eine Selbstversorgung auf einem hohen Niveau haben. Ich muss allerdings einschränken, der Traum war immer schon da, aber erst mit dieser Lebensphase ist er wieder präsent und aktiv geworden.

Viele meiner Träume habe ich ja schon gelebt. Beispielsweise eine ganz andere, weil viel umfassendere Psychosomatik zu machen, als ich Krankheit als Weg schrieb. Ein weiterer meiner Träume hat mit Tieren zu tun und geht weit zurück in die Kindheit. Bei meinem ersten Zoobesuch in Berlin hatte ich überhaupt keine Freude, weil ich es grässlich fand, die Tiere hinter Gittern zu sehen. Daraus folgte meine vegetarische Lebensweise, die ich seitdem versuche, den Menschen zu vermitteln.

Was sich auch erst seit einigen Jahren wirklich durchzusetzen beginnt. Eigentlich seit Veröffentlichung der so genannten China-Studie. Ich musste leider feststellen, dass man die Leute weder aus humanitären Gründen (wenn Menschen in der dritten Welt verhungern), noch aus tierethischen oder ökologischen Gründen, ihre Ernährung zu ändern. Aber wenn man plötzlich Angst um Kopf und Kragen hat, ist das schon etwas anderes. Und genau das steckt ehrlich gesagt hinter der ganzen veganen Welle.

Meine Träume, wie den vom veganen Leben, gehen wieder ein in TamanGa. Das ist es allerdings auch, was es uns ehrlich gesagt so schwer gemacht hat in den ersten beiden Jahren. Denn viele Leute, eigentlich die Mehrheit, ernährt sich nicht vegan.“

Ist das nicht in vielen Seminarhäusern inzwischen üblich?

„Ja, wenn es um vegetarisches Essen geht sicher. Aber wir bieten hier striktes veganes Peace Food.“

 

Sie schreiben auf Ihrer Homepage offen darüber, wie schwierig es ist, ein Konzept wie TamanGa tatsächlich umsetzen und aufrechterhalten zu können. Was macht es Ihnen so schwer?

„Meine Partnerin und ich mussten einfach feststellen, dass unsere Idee in die völlig falsche Richtung driftet. Wir möchten ja keine Hoteliers sein, nur genau in diese Richtung entwickelte es sich immer mehr. Deshalb haben wir entschieden, da einen Schnitt zu machen. Meine Fastenkurse halte ich hier nach wie vor. Aber wir suchen jemanden, der hier die Verantwortung übernimmt, einen Pächter oder einen Verein. Sodass ich wieder mehr zu den Inhalten komme, die mir wichtig sind, wie beispielsweise die Psychosomatik. Es steht die Aktualisierung von Krankheit als Symbol an. Für meine Fastenseminare ist dieser Ort natürlich ideal. Denn er ist auch so gebaut, dass Qualität vor Quantität kommt. Wir nennen die Zimmer auch gar nicht Zimmer sondern Klausen. Zelle wollten wir sie nicht nennen (lacht). Wir haben gutes Holz verbaut, kein Metall oder Leim. Die Klausen sind nicht groß, aber individuell eingerichtet.

Ich muss zugeben, ein Hotel zu haben und dafür Leute einzustellen, das kann ich hier als gescheitert betrachten. Das geht nicht. Hinzu kommen die unglaublichen und zum Teil absurden Auflagen der Behörden. Bevor wir also total scheitern konnten, haben wir vorher schon die Reißleine gezogen. Um heute ein Hotel zu führen, braucht man gute Arbeitskräfte, die Sie wiederum knallhart kontrollieren müssen. Das wollten wir aber nicht. Wir suchen uns jetzt einen anderen Weg. Ich habe schon einmal ein Heilungszentrum aufgebaut, das sich ökonomisch nicht gerechnet, aber trotzdem funktioniert hat. Es muss sich ja nicht alles amortisieren. Das hatten wir auch nie vor. So naiv waren wir nie.

Derzeit sind wir allerdings in einer Orientierungsphase, in der wir herausfinden müssen, was wir eigentlich wollen. Was ist beispielsweise unverzichtbar, wie die vegane Ernährung. Wo können wir vielleicht Kompromisse machen, wo muss man auch an diese Gesellschaft Kompromisse machen.“

 

Sie leben auf TamanGa in einer Gemeinschaft. War es leicht, Gleichgesinnte zu finden, die in Ihr Projekt mit einsteigen wollten?

„Das hat sich eher ergeben und ist auch noch nicht abgeschlossen. Es gibt immer eine gewisse Fluktuation. Wenn man so etwas macht, wird man sehr schnell zur Anlaufstelle für lebensuntüchtige Hippies. Es gibt jede Menge Woofer (Farmarbeiter), die für Kost und Logis arbeiten. Da sind leider auch Leute dabei, die wollen überhaupt nicht arbeiten, die lieber auf der faulen Haut liegen und sich durchschnorren. Das ist in dieser Szene auch ein Thema. Wenn wir sagen, wir suchen Leute, die uns zum Beispiel im Garten helfen, dann bekommen wir hunderte von Zuschriften. Man muss ja bedenken, es gibt so viele, die unsere Gesellschaft so was von satt haben.

Vor einer Weile stand in der FAZ, dass über 70 % der Deutschen innerlich gekündigt haben. Für so ein Projekt brauchen Sie aber Menschen die nicht nur engagiert sind, sondern eben auch eine Kompetenz mitbringen. Die auch etwas bewegen wollen. Das ist ein Prozess, der immer noch im Gang ist.“

 

Wie viele leben denn zurzeit dort?

„Während unserer momentanen Umbruchphase sind wir ungefair zehn. Aber es sollen schon wieder zwanzig werden. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass diese Mischung zusammen leben und arbeiten nicht so einfach ist. Denn von Arbeit haben alle ein sehr individuelles Verständnis. Ich habe in einer Klinik gearbeitet und habe dort Nachtdienst gemacht. Ich kann wirklich anpacken. Aber gerade in dieser Szene ist das nicht unbedingt bei jedem so. Das ist gar nicht so leicht, sich da miteinander zu arrangieren.“

Wie finanziert sich denn so ein großes Gut? Sie haben kein Gemeinschaftseigentum oder?

„Nein. Ich habe das finanziert mit dem, was ich in den letzten 35 Jahren verdient habe. Leider habe ich mir dazu noch etwas von der Bank geliehen, was das Ganze nicht leichter macht. Weil die einen Erfolgszwang mitbringen. Andererseits ist das aber auch der Vorteil. Man muss kein Geld mit einbringen, wenn man hier wohnen will. Deshalb haben wir weniger ein Problem damit, Leute zu finden, die hier leben wollen, wohl aber damit, dass sie sich auch selbst unterhalten können. Wir suchen niemanden, den wir anstellen müssten. Weil wir da auch an unsere Grenzen stoßen, wirtschaftlich wie emotional. Deshalb lassen wir es jetzt ruhiger angehen. Sodass ich auch weiterhin alles mit meiner Arbeit finanzieren kann.“

 

Sie sind schon ein Vielschreiber. Wo nehmen Sie die Zeit her, wenn Sie auch noch Vorträge und Seminare halten?

„Ich denke schnell, rede schnell und schreibe schnell. Ich schaue auf fast 40 Jahre als Arzt zurück und damit auch auf eine Menge Erfahrungen und Zusammentreffen mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen. Seit zehn Jahren lebe ich im Winter auf Bali und dort habe ich dann auch die Ruhe und drei Monate zum Schreiben. Ich schreibe wirklich sehr gern. Das ist für mich auch eine Art Meditation. Auf Basis der Schicksalsgesetze, dem Schatten- und den Lebensprinzipien kann ich auch über jedes Thema schreiben.“

 

Inwieweit beeinflusst das Leben in Bali Ihr Leben auf TamanGa und umgekehrt oder trennen Sie diese beiden Bereiche?

„Wir leben eigentlich ein Gemisch aus beidem. Taman bedeutet auf Balinesisch Garten. Das Ga steht als Abkürzung für Gamlitz, den Ort in der Steiermark, wo TamanGa liegt. Wir haben zwei Container voll Statuen aus Bali mitgebracht. Wir haben einen Buddha, der rund eine Tonne wiegt, den man hier gar nicht aus einem Stein schlagen lassen könnte, in Bali oder auf Java schon. Wir haben Holzschnitzereien für unsere Türen auch von dort mitgebracht.

Auf der anderen Seite fahre ich deshalb so gern nach Bali – auch wenn die Kultur immer mehr unter die Räder des Tourismus gerät – weil die Menschen sich dort eine mildere Variante des Hinduismus bewahren, als sie in Indien gelebt wird. Das Kastensystem ist beispielsweise nicht so streng. Wenn sich ein Paar zwischen den Kasten verliebt, was in Indien gar nicht geht, muss der Mann die Frau nur für drei Tage entführen. Dann gilt das als besiegelt. Dieses Lächeln der Augen – die Balinesen nennen es das obere Lächeln – hat etwas Ansteckendes. Dann ist es auch sehr leicht, dort unseren pflanzlich vollwertigen Lebensstil zu leben.

Mir gefällt auch die Art, wie das Wohnen dort gehandhabt wird. Wir leben nicht in einem Hotel sondern in einer Art Villa. Wenn wir dort nicht sind, wird sie an jemand anderen vermietet. Wir müssen aber nicht immer dieses Haus nehmen, wir können auch mal in ein Haus am anderen Ende der Insel ziehen. Es ist nicht so, wie man es sonst häufig findet, dass ein paar Reiche Villen am Seeufer besitzen, die das halbe Jahr leer stehen. So ähnlich hatten wir es auch hier angedacht, wenn wir Gäste haben. Ich denke, wir sind nur Gäste auf dieser Erde und so sollten wir auch leben. Das basiert auf dem Franziskanischen Christentum und der Erfurcht vor dem Leben, wie es Albert Schweitzer genannt hat. Die Buddhisten nennen es Mitgefühl mit allen Wesen. Das ist mir sehr wichtig.

Insofern ist TamanGa auch ein für die Zukunft geplantes Projekt. Wir sind hier Gäste auf dieser Erde und wir sollten uns so achtsam und respektvoll der Erde gegenüber verhalten, wie es geht. Auch beim Essen, im Denken und der Meditation. Dahin geht ein Stück weit meine Hoffnung hin.“

Wie viel Wissen mussten Sie sich aneignen, als Sie mit dem Projekt begannen? Das streift ja die unterschiedlichsten Bereiche, vom Biolandbau, über ökologische und energetische Prinzipien, bis hin zur Inneneinrichtung der Häuser, die Sie gebaut haben. War das ein Prozess, während des Umbaus oder hatten Sie das schon immer im Hinterkopf, da Sie ja sagen, es sei ein lang gehegter Traum, den Sie verwirklichen konnten?

„Es war wohl schon lange im Hinterkopf, sowohl bei meiner Partnerin Rita Fasel als auch bei mir. Sie hat die Zimmer eingerichtet und auch den Bau geleitet. Wir sind im gesteckten Zeitrahmen und unterhalb des veranschlagten Budgets geblieben. Sie kennt sich auch mit den Prinzipien des Feng Shui aus und kann mit einem Pendel umgehen.

Wissen Sie, als Arzt muss ich auch nicht alles wissen. Das geht auch gar nicht. Ich muss aber wissen, was ich nicht kann und da muss ich dann geschickt delegieren. Den Anspruch einen Gehirntumor zu operieren habe ich nicht. Aber ich muss wissen, was Neurochirurgen heutzutage können. Als praktischer Arzt, oder heute würde man in Deutschland Allgemeinmediziner sagen, bin ich eine Art Universaldilettant. Von allem eine Ahnung, aber nichts richtig in der Medizin können. Aber aus dieser Position heraus, kann man einfach sehr gut delegieren.

So haben wir versucht, Firmen zu finden, die unsere Vorstellungen inhaltlich ein Stück mittragen. So wollten wir viele Bäume erhalten und da brauchten wir Bauarbeiter, die es schaffen, die Pflanzen nicht ganz nebenbei platt zu fahren oder sonstwie zu beschädigen. Andere haben wir auf unserem Weg kennen gelernt, die uns dann bei bestimmten Aspekten helfen konnten. So wurde beispielsweise unser Kamin und Kachelofen von einer Kursteilnehmerin gebaut, die das beruflich macht und die wir eben durch ein Seminar kennen gelernt haben.

Ich habe mich auch schon vorher für Baubiologie und Kraftplätze interessiert. So war ich auch in diesem Thema drin. Andere Impulse kamen durch meine vielen Reisen.

Manche Dinge haben wir aber noch gar nicht in Betrieb genommen. So haben wir zum Beispiel einen Dunkelraum, in dem man eine Woche oder nur für ein paar Tage völlig im Dunkeln verbringen könnte. Andere Dinge sind inzwischen in Betrieb, wie unsere ohne Chemie betriebenen Schwimmteiche.“

 

Vier Jahre sind Sie jetzt dort oder?

„Es gab ein Jahr Planungs- und ein Jahr Bauphase. Zwei Jahre haben wir es in Betrieb gehabt auf einer Hotelbasis. Ja, wir sind jetzt hier im fünften Jahr.“

 

Gibt es rückblickend Dinge, die Sie gern anders gemacht hätten?

„Ist das nicht bei allem so? Ehrlich gesagt ist es doch so, wenn ich gewusst hätte, was im Studium auf mich zukommt, hätte ich es wohl nie begonnen. Wenn wir einem Kind genau erklären würden, was in der Schule auf es zukommt, es würde wohl nie freiwillig hingehen. Das war hier auch so. Wir hatten durchaus so einen Moment, da hätten wir auch an einen wunderschönen Ort in der Schweiz ziehen und die Seele baumeln lassen können. Dort hätten wir wunderbar leben und alt werden können. Aber ich wollte ja auch noch etwas bewegen. Ich freue mich sehr über diese vegane Trendwende und bin froh, dass ich einer der Impulsgeber dafür sein konnte.“

 

Das Interview führte Claudia Hötzendorfer

DVD-Tipp

 

Ruediger Dahlke

Unser Biogarten

(Scorpio 2013, 60 Min.)

 

 

Kontakt und weitere Infos:

 

TamanGa
Labitschberg 4

A 8462 Gamlitz
Tel: 00 43/(0) 34 53 - 3 36 00
www.taman-ga.at

 

 

 

 

© Claudia Hötzendorfer 2014 – Silent Tongue Productions